NO18 Kommunizierende Körper

Kuratiert von Thomas Röske
Arletta Kindermann, Wolfgang Klee
Goldstein Galerie, Frankfurt am Main

19. November – 20. Dezember 2015

Die beiden Künstler Kindermann und Klee passen mit ihren hier präsentierten Werken in keine Schublade. Weder lassen sie sich einer zeitgenössischen Kunstströmung zuordnen, noch der Outsider Art. Gemeinsam ist ihnen das Moment des Grotesken im Sinne einer verzerrten figurativen Darstellung, die zugleich karikierend und unheimlich wirkt.

Das bekannteste Werk von Arletta Kindermann, einer klassizistisch-figurativen Bildhauerin, ist die Nachschöpfung der überlebensgroßen Quadriga auf der rekonstruierten Außenhaut des Braunschweiger Schlosses. Neben diesem öffentlichen Œuvre entsteht dessen Nachtseite, ein geheimes aus hunderten von genau durchgearbeiteten Bleistiftzeichnungen, auf denen sich grimassierende Gesichter und nackte Körperteile lückenlos auf der Bildfläche drängen. Die erotisierte Enge der geballten Körperlichkeit kommt dem Betrachter geradezu bedrohlich nahe, als steckte er mit diesen Wesen, die sich über ihn lustig zu machen scheinen, in einer ausweglosen engen Höhle.

Wolfgang Klee fertigt seit 2006 „Papphabitate“, Kartonkonstruktionen zum Hängen oder Stehen, die Einblicke in enge Räume geben, mit Vorliebe auf mehreren Etagen. Grotesk wirken die männlichen und geschlechtsneutralen Wesen, die hier mit ausdruckslosen Gesichtern sitzen, stehen und liegen, während andere mechanischen Tätigkeiten nachgehen. Manche nackten Gestalten zeigen einander ihre erigiert vor ihnen liegenden Geschlechtsteile oder beobachten voyeuristisch ein Geschehen. Andere dringen auf und in Körper ein, mit Werkzeugen, Knüppeln und Spritzen, ihren Penissen, Zungen oder verschiedenen Körperausscheidungen. Mit schwarzem Humor üben Klees Papphabitate Kritik an Konsumsucht und Ausbeutung.

PD Dr. phil. Thomas Röske (*1962) ist seit November 2002 Leiter der Sammlung Prinzhorn der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg und arbeitet immer wieder als freier Ausstellungskurator für verschiedene Institutionen. Er gibt regelmäßig Lehrveranstaltungen am Zentrum für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg und ab 2016 auch am Kunstgeschichtlichen Institut der Universität Frankfurt. Seit April 2013 ist er Präsident der European Outsider Art Association (EOA).